(english version below)
1. Die Verdrängung des Lebens aus der Stadt // Gentrifizierung ist Angriff auf individuelles Leben
Wir erfahren die moderne Städtepolitik als Verdrängung, als Inbeschlagnahme und Ausverkauf des schönen und freien Lebens in der Stadt. Im Kapitalismus ist städtischer Wohnraum, so wie alles andere, eine Ware mit der Profit gemacht wird. Wir erleben wie Angehörige der Immobilienwirtschaft immer reicher dabei werden neoliberale Städtepolitik umzusetzen, während die Menschen , die tatsächlich in der Stadt leben, leidvoll davon betroffen sind. Die Luxussanierungen der schönen, alten Häuser in Leipzig haben zwar teilweise hippe Lofts, Studierendenwohnungen und Cafés ergeben, aber gleichzeitig die Vertreibung derjenigen bedeutet, die sich nach der Mieterhöhung die Wohnung oder das Geschäft im Viertel nicht mehr leisten konnten. Zu der Verdrängung gehören auch die Polizeieinsätze, wie sie beispielsweise in der Eisenbahnstraße zu erleben sind, nämlich als staatliche Maßnahmen ein Viertel sicher, d.h. wirtschaftlich verwertbar zu machen und zu halten.
All diese Phänomene dieser Verdrängung sind auf den immer krasser werdenden Widerspruch zwischen den realen Bedürfnissen der Menschen und den Kalkülen und Logiken des Kapitalismus und der Regierungen zurückzuführen. Die gesellschaftliche Ordnung, die bestehenden Verhältnisse sind nicht nur dysfunktional, sondern schädlich. Gesellschaftliches Leid wird im Kapitalismus systematisch erzeugt. Die rassistische Migrationspolitik der Nationalstaaten hat den Tod von Menschen direkt zur Folge, es triumphiert die kaltblütige Irrationalität: Das System, die staatliche Ordnung, die das gesellschaftliche Leben schützen soll, ist zu dessen Bedrohung, zu dessen sozialer und ökologischer Negation geworden.
2. Freiraumkampf als notwendige Widerstandsform // Rückeroberung des öffentlichen Raums
Neben progressiven und guten Projekten wie dem Mietshaussyndikat und dem Wächterhäusern, die in den letzten Jahren erfolgreich angenommen wurden, sind Hausbesetzungen als radikale Form der individuellen doch zugleich kollektiven Selbstermächtigung unabdingbar. Genau wie das Individuum im freien Markt verdinglicht wird, muss sich das Individuum in der solidarischen Organisation mit Anderen seine persönliche Freiheit erkämpfen, ihr Leben zurückerobern. Wir wollen mit der Kampagne #LeipzigBesetzen einen Freiraumkampf in Leipzig entfachen. Wir wollen nicht, dass die Menschen Vereine gründen, Unterschriften sammeln oder bei der Stadt betteln, wir wollen direkte Aktionen, wir wollen Besetzungen, wir wollen den Kampf um die Rückeroberungen des eigenen Lebens in der Stadt entfalten.
Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie ist es wichtig, dass wir unsere politischen Kämpfe und deren Äußerung auf der Straße und in den Aktionen nicht zugunsten des staatlich erlassenen Lockdowns aufschieben oder gar aufgeben. Natürlich werden wir so wie IMMER bei den Aktionen darauf achten, dass die revolutionären Ziele nicht über das Bedürfnis persönlicher Gesundheit gestellt werden. Wir werden uns daher vermummen und die nötigen Abstände einhalten! Wir finden es höchst problematisch, dass die staatliche Verordnung die politische und kulturelle Praxis in der Gesellschaft zum Schutz der Bevölkerung komplett verbietet, während aber der kapitalistische Normalbetrieb krampfhaft versucht wird aufrechtzuerhalten. Sehr viele Menschen können nicht im Home-Office arbeiten oder sich in ihre Wohnungen zurückziehen. Sie sind weiterhin gezwungen ihre Arbeitskraft zu verkaufen, leben sowieso auf der Straße oder werden in Auffanglagern an der EU-Außengrenze festgehalten. Während der deutsche Staat alles daran setzt seine Bürger gesund, d.h. arbeitsfähig zu halten, werden Menschen mit anderer Herkunft oder gesellschaftlicher Stellung einfach sterben gelassen. Das ist für uns kein Humanismus, sondern die Abwesenheit menschlicher Solidarität, die menschenverachtende Logik von Nationalismus und Kapitalismus, die Bedürfnisbefriedigung nur insofern kennt, als dass sie mit den Kapitalinteressen zusammenfällt.
3. Warum selbstverwaltete Freiräume?
Wenn wir leerstehende Gebäude in der Stadt besetzen, wollen wir damit Räume schaffen, innerhalb derer sich so etwas wie das schöne und freie Leben der Menschen schon heute temporär und nischenweise entfalten kann. Der staatlichen Logik von Unterwerfung und Kontrolle wollen wir die Prinzipien eines selbstbestimmten und solidarischen Lebens entgegenstellen. Nichts und niemand darf über unser Leben entscheiden, außer uns selbst. Die Räume des städtischen Lebens, die wir zurückerobern, sollen Orte der Zuflucht, des Experiments und der persönlichen Sehnsucht sein, der Sehnsucht nach einem schönen, d.h. nicht so beschädigten Leben.
Wir sind der Überzeugung, dass gesellschaftliches Zusammenleben am besten dezentral und nicht-hierarchisch organisiert wird. Eine vernünftige gesellschaftliche Ordnung stellen wir uns nicht als staatliche Ordnung vor, sondern als Organisation und Assoziation selbstbestimmter Individuen. Wir wollen nicht durch den Staat, Politiker*innen oder sonst wen vertreten werden, sondern unser Leben selbst in die Hand nehmen. Deswegen haben wir am 1. Mai die Häuser in der Ludwigstraße und den Gebäude-Komplex in Großzschocher scheinbesetzt. Den Symbolen werden Besetzungen folgen!
Wir rufen alle dazu auf sich mit ihren Freund*innen in autonome Besetzer*innen-Cliquen zu organisieren. Unter dem #Besetzen können wir unsere lokalen Kämpfe für ein selbstbestimmtes Leben in der Stadt verknüpfen und unsere Kräfte verbinden. Bildet Besetzer*innen-Banden, seid laut, seid entschlossen! Zusammen holen wir uns die Häuser und das Leben zurück!
#LeipzigBesetzen! 2020 Freiraumkämpfe entfalten! Aus dem Krater in die Häuser!
Näher Infos unter: https://www.leipzigbesetzen.noblogs.org und @LeipzigBesetzen
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