Leipzig Besetzen, 16.10.2025
Nach fünf Stunden Besetzung wurde das Eineck gestern Abend am 15.10.2025 durch die Polizei geräumt. Vier vermeintliche Besetzer*innen wurden von der Polizei anschließend wieder frei gelassen. Die Solidaritätskundgebungen liefen den gesamten Abend und auch nach der Räumung saß die Nachbar*innenschaft noch auf der Straße zusammen.

Die Besetzung des Hauses in der Einertstraße 3, welches mindestens 15 – 20 Jahre leer stand, wurde am 15. Oktober 2025, gegen 16 Uhr bekannt. Unmittelbar auf die Veröffentlichung folgten ein Nutzungskonzept und die ausdrücklich Bereitschaft zur Verhandlung mit Eigentümer*innen wurde durch die Aktivist*innen kommuniziert. Auf der Straße vor dem Haus fanden sich mehrere hunderte Unterstützer*innen ein, um das neue Projekt zu begrüßen und kennenzulernen. Eine spontane Versammlung als Ausdruck der Solidarität wurde angemeldet. Auf dieser waren unter anderem Redebeiträge zu hören, zu Rap, Schlager und Ton Steine Scherben wurde getanzt und die Kreuzung als einem Ort des Zusammenkommens genutzt. Mehrere Menschen brachten spontan Essen und Getränke vorbei. 17:30 versuchte die Polizei die Menschen vor dem Haus erstmals zu räumen und die Fläche mit Polizeiabsperrband abzuschirmen. Zudem betraten sie den Hinterhof und wollten sich von hinten Zugang zum Haus verschaffen. Beide Aktionen scheiterten, einerseits weil genug Menschen sich dem wiedersetzten und den Anweisungen der Polizei mit Ungehorsam begegneten. Andererseits machte ein kleiner Zaun im Hinterhof der Polizei erstmal einen Strich durch ihre Rechnung. Um 20 Uhr begann die Polizei trotz angemeldeter Kundgebung die versammelten Menschen zu drangsalieren. Sie drangen ohne Rücksicht in die Menschenmenge ein, schoben und schubsten einige Personen von der Fläche vor dem Haus. Nur wenig später rauschten mehrere Wagen der Polizei die Einertstraße rein, fuhren dabei beinah eine Person um und nahmen so leichtsinnig schwerwiegende Unfälle in Kauf. Nachdem dann um 20 Uhr der Einsatz begonnen wurde, endete die Räumung um 22:20 Uhr mit der Abführung von den Besetzer*innen durch die Polizei.
Als besonders kraftvoll wurde die Vielzahl von solidarischen Menschen empfunden, die das Geschehen kritisch beobachteten, begleiteten und Sprechchöre anstimmten. Somit gaben sie Mut und Support an die Besetzer*innen weiter, die sich über mehrere Stunden in einer polizeilichen Maßnahme befanden. Über die Kanäle der Autonomen Besetzungstage sprachen die Besetzer*innen allen Unterstützer*innen ihren Dank aus.

Das Vorgehen von Stadt, Polizeibehörde und Eigentümer*innen überrascht nicht, dennoch enttäuscht es sehr und auch aufs neue. Trotz eindeutig kommunizierter Möglichkeit, in den Dialog zu gehen, in Verhandlung zu treten und sich kennenzulernen, meldete sich die Briefkastenfirma und ihre Verantwortlichen weder bei den Menschen vor Ort noch den Aktivist*innen. Sofern es eine Kommunikation gab, so war diese vermutlich zwischen Eigentümer*innen und Polizei und es muss davon ausgegangen werden, dass die Polizei keine objektive Beratung angeboten hat, sondern behauptet haben muss, eine Räumung müsse stattfinden. Bei einem Hausfreidensbruch finden Räumungen erst auf Antrag der Eigentümer*innen statt. Daraus lässt sich schließen, dass die Behörde einen unmittelbaren Zwang zur Strafverfolgung insb. ohne drohende Gefahr nicht aus eigener Macht hat, wie sie selbst in einem Bericht des MDR Anfang der Woche behauptete [1]. Die Polizei schätzt damit ihre eigene Agenda der sogenannten Strafverfolgung erneut höher ein, als das Wohl und den Willen der Bürger*innen der Stadt Leipzig. Erneut wurde außer Acht gelassen, dass es ein klares Nutzungskonzept mit Blick auf die Bedarfe des Viertels gab. Vorschläge von Nachbar*innen und unterstützenden Menschen wurden durch die gewaltvolle Räumung erneut abgeschmettert. Es zeigt sich: profitorientierte Eigentümer*innen und die Polizei haben kein Interesse an gemeinwohlorientierten Lösungen und ziehen Wohnraumspekulationen und das gezielte Verfallenlassen von sehr gut nutzbaren Gebäuden für die Gewinnmaximierung weniger vor.

„Für ein paar Stunden konnten wir ansatzweise den Austausch und die Nachbarschaftsvernetzung wieder aufleben lassen, welche sich bereits die letzten Jahre bei Besetzungen im Osten gebildet hatte. Die frühzeitige Räumung des Eineck hat das natürlich jetzt abgebrochen. Stattdessen bleibt bei uns Trauer und Wut darüber, aber auch der Mut, uns weiter gegen kapitalistische Zustände zu wehren.“, sagt Kaja von Leipzig Besetzen und fügt hinzu: „Wir sind froh, dass unsere Gefährt*innen bei der Räumung nicht verletzt wurden. Wir von Leipzig Besetzen stellen uns entschieden gegen Mietprofite, Privateigentum und Abhängigkeit von Mietverhältnissen und kämpfen stattdessen weiterhin für die Kollektivierung von Wohnraum!”
Am Freitag werden die Nachbar*innen die Chance bekommen, ihre Wut zu äußern und ihr Verlangen nach Gemeinschaft zu stillen. Ab 18uhr wird zum Massencornern auf der Eisenbahnstraße eingeladen. Treffpunkt ist zwischen Einertstraße und Konsum.
Für Presseanfragen etc. an ABeTa: abeta(at)riseup(punkt)net
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Quellen: