Als Menschen im August 2020 öffentlich machten, dass sie in die Ludwigstraße 71 eingezogen sind, schaute eine ganze Stadt und Menschen darüber hinaus nach Leipzig. Zeitungen, viele solidarische Menschen und Politiker*innen aller Parteien sprachen öffentlich über die Luwi71. Auch wenn die Meinung zu Besetzungen, zu Verantwortung für Eigentum und zu der Bekämpfung von Gentrifizierung auseinandergingen, war es quasi Konsens, dass die Aktion die richtigen Themen anspricht. Was angemeldete Demos über Jahre nicht geschafft haben, erreicht die Nachricht von einer Besetzung: Es wird endlich über Gentrifizierung in Leipzig geredet. Auch wenn nicht allen das Mittel gefällt, sind sich alle einig, dass das wahre Verbrechen grundloser Leerstand ist, während Menschen davor auf der Straße schlafen oder in Zeltlagern untergebracht werden. Selbst der Eigentümer wollte sich die Sache erstmal anschauen, bis er ohne echten Grund von seiner Villa in Frankfurt aus entscheidet doch räumen zu lassen. Er hat schließlich die Macht sein Eigentum leer stehen zu lassen.
Wir wurden auf der Straße aufgegriffen, wurden dann auf die Polizeistation geführt, um uns da neben Fingerabdrücken auch noch DNA unter Gewaltandrohungen zu entnehmen. Und diese ganze Schickane wegen dem Verdacht auf Hausfriedensbruch. Und all die Repression nachdem alle gesagt haben, wie sinnvoll es ist auf Gentrifizierung aufmerksam zu machen und dieser Entgegen zu wirken. Das Haus scheint Udo Heng ja auch nicht mal zu interessieren. Spätestens seit dem 01.05.2020 war das Haus offen und mit Transparentenmit Aufschriften, wie “Besetzt”, “Die Häuser denen, die drin wohnen” behängt. Die Transpis wurden bis September im Jahr 2020 nicht entfernt. Nach der Räumung hat er es einfach zugemauert, um auch wirklich jede Nutzung unmöglich zu machen. Was in dem Haus möglich gewesen wäre, soll auch noch gezeigt werden. Es gab nähmlich ein fertiges Nutzungskonzept für das Haus:
Im Erdgeschoss kann ein Café und eine Bar mit integrierter Bibliothek entstehen. Der Verkauf der Getränke basiert auf Spendenbasis. Durch den Aufbau und die Aufteilung der Räume ist es möglich, auch eine Küche für Alle (Küfa) zu organisieren, welche ein bis zwei mal die Woche stattfinden kann. Es ist ebenfalls denkbar, die Räume für öffentliche Veranstaltungen, wie Vorträge, zur Verfügung zu stellen.
Im ersten Obergeschoss sind viele Nutzungsvarianten vorstellbar. Die Ideen reichen von Projektwerkstätten über Plenarräume bis hin zu Vereinsräumen und Sportmöglichkeiten für Kinder sowie Erwachsene. Aber auch Beratungssprechzeiten und Selbsthilfegruppen können die Räume nutzen. Politische Bildung, kulturelle und sportliche Angebote finden hier Platz.
Etagen zwei und drei sind für Wohnmöglichkeiten vorgesehen. Dabei geht es auch um Notfallwohnkonzepte. Inklusive und barrierearme Wohn- und Arbeitsplätze sollen entstehen.
Auch das Flachdach lässt eine vielfältige Nutzung zu. Von Hochbeeten, einer kleinen Bar hin zu Freiflächen für künstlerische Betätigungen sind wenige Grenzen gesetzt.
Im angrenzenden Garten soll ein Gemeinschaftsgarten entstehen. Außerdem können die angrenzenden Kindergärten und Schulen den Garten auch als Schulgarten nutzen. Somit wird ein Ort des Lernens geschaffen.
Im Keller scheint es in der Vergangenheit eine kleine Holzwerkstatt gegeben zu haben, welcher neues Leben eingehaucht werden kann. Eine Selbsthilfewerkstatt kann neben der Holzwerkstatt entstehen und eine gegenseitige Ergänzung ist vorstellbar. In der Selbsthilfewerkstatt wird es einige Werkzeuge und die Möglichkeit geben, Fahrräder und andere Sachen gemeinschaftlich und mit Hilfe anderer zu reparieren. Selbsthilfewerkstätten sind für uns ein Ort der Selbstermächtigung und des gemeinsamen Lernens, zu dem Menschen unabhängig ihrer finanziellen Mittel Zugang haben. Ein austausch und eine Zusammenarbeit mit den Selbsthilfewerkstätten im Viertel ist angedacht. Aber auch Proberäume und andere musikalische Ausgestaltungen sind vorstellbar.
Sofern alle rechtlichen Angelegenheiten geklärt sind, wird sich weiter um das Haus gekümmert. Die Bausubstanz wird geprüft und auftretende Mängel beseitigt, um Sicherheit herzustellen. Dabei wird vor allem auf solidarische, ehrenamtliche Hilfe, aber, wenn es nötig ist, auch auf Fachpersonal zurückgegriffen. Die Beteiligung vieler Menschen ist wichtig. Das Haus soll ein offenes Haus sein, in dem soziale Kontakte gepflegt, neues gelernt und sich untereinander geholfen werden kann. Ein emanzipatorischer, solidarischer Ansatz für alle Menschen ist das Ziel. Das Haus soll sich als hierarchiefreier, solidarischer Raum etablieren, dessen Nutzung und Verwaltung selbstverwaltet und in freier Trägerschaft ist. Eine unkommerzielle Raumnutzung ist eingeschlossen.
Im Gegensatz zu dem Konzept steht das Haus eben wieder leer und vergammelt sprichwörtlich.